PatchWorkWohnen in Zeiten von Corona

Gemeinschaftliches Mehrgenerationenwohnen, so ist der Anspruch im PatchWorkHaus. Dem zuwider läuft momentan alles, was mit der Corona-Krise an Einschränkungen einhergeht. Wir wollten uns oft treffen, miteinander reden, uns umeinander kümmern – und jetzt: Mindestens 2 Meter Abstand, gefährdete Menschen, die es naturgemäß altersbedingt in einem Mehrgenerationenhaus geben muss, sollen in ihren Wohnungen bleiben, Kinder zwangsurlaubsbedingt Zuhause bleiben und Eltern, die einerseits Home-Office machen, andererseits sich um ihre Kinder kümmern müssen. Zudem gibt es immer noch Bewohnende, die tagsüber weiterhin zur Arbeit gehen wollen oder müssen.
Normalerweise gibt es dann ein sogenanntes „Plenum“ im PatchWorkHaus, auf dem wir gemeinsam Überlegungen anstellen, wie wir mit Herausforderungen umgehen, die nicht im Alltag bewältigbar sind. Jetzt aber: Wenn alle Bewohnenden im Gemeinschaftsraum sind, ist der Sicherheitsabstand nicht einzuhalten. Kinder, Rentner*Innen, Berufstätige, alle in einem Raum? Klar war schnell, das geht nicht.
Wir gut die Dinge funktionieren können, wenn alle ihren gesunden Menschenverstand einschalten und aktiv werden, zeigt sich dann schnell. Hierzu bedarf es dann keiner großen Beschlüsse und Versammlungen. Die älteren Bewohner*innen entschieden schnell, sich ein wenig zurückzuziehen. Angebote gab es sofort, den Einkauf oder sonstige Obliegenheiten zu erledigen, wenn es denn notwendig und gewünscht war.
Auch war schnell klar, dass man die Kinder auf so engem Raum keine 3 Wochen isolieren und voneinander fernhalten kann. Die Eltern stimmten sich ab, entschieden gemeinsam mit ihren Kindern eine „VirenVermei-dungsZelle (VVZ)“ zu bilden. So, wie ja auch die Mindestbetreuung an Schulen oder privat organisierte Betreuungsformen nicht umhinkamen, Kinder unterschiedlichen Alters, unterschiedlicher Schulformen und aus unterschiedlichen Stadtteilen gemeinsam zu betreuen und dadurch Infektionsrisiken eingingen.
Einige Eltern stellten ihre Wohnungen als gemeinsam nutzbare Spielflächen zur Verfügung, im Gegenzug wurde der Gemeinschaftsraum kinderfrei und zur störungsfreien „Home-Office-Zone“. Da die Betreuung durch die anderen Bewohnenden ausschied, sorgten die Eltern im Reihum-Verfahren für Ansprechbarkeit und Kontrolle. Zugleich gibt es keine bessere Betreuung, als wenn Kinder direkt miteinander spielen. Insbesondere die Erwachsenen bemühten sich, mit gutem Beispiel beim Händewaschen voranzugehen, Klinken, Geländer und Knöpfe nur noch mit Handschuhen oder Armtextilien zu berühren und die zwei Meter Abstand grundsätzlich einzuhalten.

Selbst der obligatorischer Arbeitssamstag ließ sich so organisieren: Unser ansonsten gemeinsames Essen fiel weg, dafür sorgten „gute Geister“ für frei verfügbaren Kuchen und Kaffee. Diejenigen, die auf Abstand bedacht waren, werkelten an selbst gestellten Aufgaben wie Dachbegrünung kontrollieren, Gänge oder Wände streichen, Schilder anbringen oder Gartenbeete säubern und anlegen. So ließ sich zu naher Kontakt vermeiden, die Ansteckungsrisiken deutlich minimieren. Die VVZ-Familien arbeiteten zusammen an dem Grundgerüst für ein Gartenhaus, indem wir zukünftig unsere Gartengeräte unterbringen wollen.
Gespräche und Austausch über die soziale Distanz war so immer noch möglich, das Gemeinschaftsleben war spürbar. Für alle war der Arbeitssamstag, trotz der Einschränkungen, wie eine Befreiung. Es gab etwas zu tun, alle, die wollten, waren beteiligt und man spürte, dass bei diesem guten Wetter viel Energie da war, die sich entladen musste. Man spürte, es sind besondere Zeiten, die aber eben auch Neues hervorbringen können. So viel Zeit füreinander, trotz sozialem Mindestabstand, wann wird es das wieder geben?
Bisher funktioniert PatchWork also – auch in Zeiten gesellschaftlicher Anspannung. Auf Dauer wird es Infizierungen geben, wie überall – und auch das werden wir gut gemeinschaftlich lösen: Entweder durch Versammlungen und Beschlüsse oder durch den gemeinschaftlichen „gesunden Menschenverstand“.